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Warum haben wir so eine Sehnsucht nach Ratgebern?

In dieser schnelllebigen Zeit werden Menschen immer mehr gefordert – und oft auch überfordert, vor allem wenn wir versuchen alles unter einen Hut zu bringen. Sei es die Beziehung, die Karriere, die Familie und die Gesundheit  – wir müssen in allen Bereichen funktionieren. Und wenn in einem Bereich eine Krisen ausbricht, suchen Menschen möglichst schnelle und einfache Lösungen. Diese Lösungen versprechen eine Vielzahl von Ratgebern – und das kann in einer Krise sehr verlockend sein.

Ratgeberliteratur boomt. Was macht ihren Erfolg aus?

Die „Ratgeber-Industrie“ wächst rasant und allein in den USA beträgt der Umsatz 9,3 Milliarden USD (BusinessWire), Tendenz steigend! Nahezu jede Nische wird mit Ratgebern geflutet. Unzählige Stars schreiben Bücher und bewerben diese intensiv. Was den Erfolg genau ausmacht, ist schwierig zu sagen, da hier viele mögliche Gründe in Frage kommen. Einerseits dürfte der Bedarf nach Inspiration und Hilfe durch Ratgebern enorm groß sein, andererseits steigern Werbung, Stars und falsche Versprechungen diesen Bedarf noch weiter.

Bis zu welchem Grad können Ratgeber tatsächlich dabei helfen persönliche Probleme zu lösen und festgefahrene Verhaltensmuster zu ändern?

Das hängt ganz davon ab, wie komplex das vorhandene Problem ist. Eingeprägte Verhaltensmuster wurden über viele Jahre hinweg aufgebaut. Daher verdienen diese Verhaltensmuster auch viel Aufmerksamkeit um diese erfolgreich zu überwinden. Ein Ratgeber kann dabei den notwendigen Anstoß geben, aber das Problem selbst benötigt meist mehr als gedruckte Worte. An dieser Stelle knüpft eine weitere Art von Büchern an: Die geführten Journale wie das 6-Minuten-Tagebuch. Bei stark festgefahrenen Verhaltensmustern sollte man allerdings einfach professionelle Unterstützung, wie Psychotherapeuten oder Psychologen, in Anspruch nehmen. Diese kann in Kombination mit Büchern und Journalen dann ergänzt werden.

Wenn Ratgeber wirklich helfen können, in welchen Bereichen am ehesten?

Ich denke Ernährungsberater sind durchaus eine interessante Ergänzung. Auch im Bereich Sport gibt es viele gute Ratgeber. Übrigens sind Beziehungsratgeber etwas problematisch, da beide Partner diesen lesen müssten um eine faire Basis für Veränderung zu erschaffen.

Woran erkennt man einen guten Ratgeber?

Gute Ratgeber erkennt man häufig daran, dass diese wissenschaftlichen Quelle heranziehen und auch zitieren. Es genügt nicht irgendwelche Studien in waghalsigen Versprechungen zu zitieren – die Quellen müssen auch angegeben werden. Zudem sollte ein Ratgeber auch seine eigenen Limitationen aufzeigen und bei Bedarf auf professionelle Hilfe verweisen. Mein persönlicher Tipp: Finger weg von „So werden Sie reich“ Ratgebern.

Interview erschienen im „weekend Style“, Herbst 2019 (Seite 111)

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